Ich bin mit dem Fahrrad unterwegs in Richtung Weissensee. Die Sonne scheint. Es ist kalt und die Luft ist frisch und fühlt sich richtig gut an. Mein Weg führt mich zum Frezeithaus in Weissensee in die Pistoriusstrasse. Ich freue mich auf diesen Tag auf die Begegnung mit den Müttern und Vätern und Kindern. Schnell schließe ich mein Fahrrad an und beginne den Raum herzurichten. Decken, Matratzen, gemütliche Kissen ,etwas Spielzeug, frischer Tee und ein Licht leuchtet. Alles ist vorbereitet und ich erwarte die erste Familie. Ich atme tief ein und halte Ausschau durch die Fenster in den Himmel und dann öffnet sich die Tür: Herzlich willkommen. Legt eure Sachen ab. Schön, dass ihr da seid. Die Sitzung beginnt.
Nach 1 Stunde verabschiede ich die Mutter mit ihrem Kind. Sie ist viel entspannter und zuversichtlicher als am Anfang. Der Junge schläft, und die Mutter schaut mich mit wachen Augen an. Danke für diese Stunde. Ich komme wieder.
„Was ist in dieser Stunde passiert?“ werdet ihr euch fragen.
Die Mutter bat um Unterstützung für sich und ihren 8 Wochen alten Säugling. Der Kleine ist sehr unruhig am Tag und die Erlebnisse der Geburt haben beide noch nicht so ganz verarbeitet. Die Mutter erzählt davon und ich höre zu und stelle ab und an ein paar Fragen, um besser zu verstehen… So ist es oft, dass ich erst einmal die Geschichte der Geburt höre und es hier Raum dafür gibt.
Entlastung gibt es dadurch und ein nochmaliges Hinschauen auf das Erlebte tut gut und die Mutter entspannt sichtlich… Der kleine Junge ist zappelig und trinkt wenig an der der Brust, er weint viel und es ist ein ständiger Wechsel von Trinken und Weinen.
In dieser ersten Stunde geht es erst einmal um die Möglichkeit in diesem neuen Alltag einen festen Anker durch mich und die Schreibabyambulanz zubekommen und ich begleite diese kleine Familie jetzt für die nächsten Wochen.
Viele Familien fühlen sich in der ersten Zeit mit ihrem Baby allein und wissen sich keinen Rat, wenn die Babys weinen und unruhig sind oder immer wieder Bilder der Schwangerschaft oder der Geburt im Kopf auftauchen.
In dieser Periode der Familienbildung können Ängste, Stress, schwierige Gefühle dazu führen, dass es zu einer Zunahme der Symptome kommt. Die starke Unruhe, das exzessives Schreien, teilweise über mehrere Stunden, Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, sehr hohe Bedürfnisse oder Probleme bei der Nahrungsaufnahme zeigen, was die Eltern an den Rand der Erschöpfung und in die Ohnmacht führen kann.
Oder auch das noch nicht verarbeitete Erleben der Geburt.
Und wie geht es weiter?
Wir in der Schreibabyambulanz geben körper-, ressourcen- und bindungsorientierte Krisenbegleitung.
Durch das bindungsorientiert, therapeutisch-beratende Gespräch werden Ursachen aufgespürt und gemeinsam Lösungswege erarbeitet, elterliche Ressourcen und Kräfte entfacht, um gestärkt Stück für Stück in einen ruhigeren Alltag hineinzufinden. Pro Jahr erhalten durchschnittlich 50-80 Familien im Raum Pankow und Buch Begleitung, um zurück in einen ausgeglichenen Familienalltag zu finden. Die Familien kommen für 3-10 Sitzungen á 60 Minuten. Wir begleiten in der Regel 3-8 Wochen lang, mit einem Termin pro Woche.
Das Angebot ist kostenfrei und eine Terminvereinbarung ist erforderlich.
Schreibabyambulanz Bezirk Pankow / Stadtteil Weissensee
Nicole Böhm, Karin Wylicil und Karin Philip
Telefon: 0162 30 230 70
nicole.boehm@frei-zeit-haus.de
Text: Nicole Böhm
Bilder: © grudengrafik / shutterstock